Cover der drei Bücher, die im jungen Brimborium-Verlag Leipzig erschienen sind: 'Nö', 'Lyrik ist nice und macht Spaß' und 'Romeo und Julia: reanimiert'
Am 6. Dezember 2021 erscheinen die ersten drei Bücher im Brimborium Verlag. Bildrechte: Brimborium Verlag Leipzig

Brimborium Verlag LGBTQ, Feminismus, Migration: Wie ein Leipziger Verlag die Literaturszene aufmischen will

06. Dezember 2021, 11:38 Uhr

Der im März 2021 in Leipzig gegründete Brimborium Verlag ist ein Independent Verlag für urbane und gesellschaftskritische Belletristik, Humor, Satire, progressive Sach- und Lesebühnenliteratur. Mit Büchern rund um Themen wie LGBTQ, Feminismus, Inklusion und Migration will Verlegerin Marsha Richarz Geschichten eine Plattform bieten, die in öffentlichen Debatten kaum Gehör finden.

"Mach doch nicht so ein Brimborium!" – Wer diese Redewendung gebraucht, legt dem Gegenüber nahe, etwas nicht unnötigerweise mit großen Worten, Mimik und Gestik hervorzuheben, etwa weil es unpassend oder gar unnütz erscheint. Doch genau hier setzt das Konzept eines neu gegründeten Verlags aus Leipzig an.

Kurzgeschichten zu LGBTQ, Feminismus und Migration

"Wir machen Brimborium", heißt es auf der Internetseite des Brimborium Verlags. Der Name ist also Programm, erklärt Verlagsgründerin Marsha Richarz und gibt einen Einblick in die geplanten Veröffentlichungen. Dabei handele es sich um lokale, queere Kurzgeschichten aus Leipzig, die sich um Themen wie "Outing" drehen und im Clara-Zetkin-Park oder in Möckern spielen.

LGBTQ, intersektionaler Feminismus, Migration – darum möchte die frisch gebackene Verlegerin gemeinsam mit ihren zwei Kollegen ausdrücklich Brimborium machen. Literatur veröffentlichen, die thematisiert, was in der öffentlichen Debatte bislang keine Plattform habe.

Gesellschaftskritischer Independent-Verlag aus Leipzig

Als "Independent-Verlag für urbane und gesellschaftskritische Belletristik, Humor, Satire, progressive Sach- und Lesebühnenliteratur" bezeichnen sich Marsha Richarz und ihre beiden Kollegen, mit denen die 29-Jährige den Verlag gegründet hat. Die große Herausforderung liegt für sie darin, einerseits Themen aufzugreifen, die sie als in der Literatur unterrepräsentiert empfinden und andererseits nicht nur eine Nische zu bedienen.

"Wir haben die Themen so ausgewählt, dass sie aktuell eine gesellschaftliche Relevanz haben, aber eben in ihrer eigenen Filterblase. Unser Ziel ist es, so zu wachsen, dass sie aus dieser Filterblase rausbrechen können", erläutert Marsha Richarz.

Identifikation durch Repräsentation

Marsha Richarzs Rolle ist dabei insbesondere jene der Vermittlerin. Als Inklusions-Lehrerin an einer Freien Oberschule in Leipzig erfährt sie täglich, wie wichtig es ist, dass sich Menschen in dem wiederfinden können, was sie lesen. Das sei vor allem dann der Fall, wenn sie sich nicht nur in den Inhalten, sondern auch in den dahinterstehenden Kunstschaffenden repräsentiert sähen.

Es muss mehr Literatur von weiblich gelesenen Personen geben, von FLINTA-Personen.

Marsha Richarz, Verlegerin

Wenn man in die Schulliteratur schaue, falle schnell auf, dass sie weitestgehend von weißen Cis-Männern geschrieben sei, merkt die Verlegerin an und fügt hinzu: "Ich glaube, es muss einfach mehr Literatur von weiblich gelesenen Personen geben, von FLINTA-Personen, weil es einfach eine aktuelle Thematik ist." Mit den Veröffentlichungen im Brimborium-Verlag hofft Marsha Richarz, Literatur herauszubringen, die eben jene Themen in der Tat voranbringt.

Was sind FLINTA-Personen?

"FLINTA" steht für Frauen, Lesben, Inter, Nicht-binär, Trans und Agender Personen. Der Begriff bezeichnet Menschen, die eine andere Geschlechtsidentität als cis hetero männlich haben.

Moderne Fassung von Shakespeares "Romeo und Julia"

Wesentliches Element im Selbstverständnis des Verlags ist das Anliegen, mit der zu veröffentlichenden Literatur dem strukturellen Wandel Rechnung zu tragen, ihn zu fördern – in allen gesellschaftlichen Schichten. In Schulen wie jener, an der Marsha Richarz unterrichtet, sieht sie die Chance, diese Schichten alle am gleichen Ort zu erreichen.

Cover des Buches "Romeo und Julia: Reanimiert" von Jan Lindner
In "Romeo und Julia: Reanimiert" haucht Jan Lindner dem Klassiker neues Leben ein Bildrechte: Brimborium Verlag Leipzig

Zum Beispiel mit einem der ersten Bücher aus dem Brimborium Verlag: "Romeo und Julia: Reanimiert" von Jan Lindner. Damit lasse sich gut an den sächsischen Lehrplan anknüpfen, meint die Verlegerin, da das berühmte Drama von Shakespeare ohnehin darin enthalten sei. Die Version des Leipziger Autoren sei allerdings eine moderne Fassung, spielt in der heutigen Zeit, sei leichter verständlich für Schülerinnen und Schüler. "Das bietet die Chance, dass wir auch mal Lernende auf Hauptschulniveau mit einem Drama erreichen, die sonst oft gar keinen Zugang dazu haben", merkt Richarz an.

Die ersten Rückmeldungen ermutigen die 29-Jährige: Autorinnen und Autoren fühlen sich als Kunstschaffende gestärkt. Ganz gleich, was also aus dem neuen unabhängigen Verlag aus Leipzig wird – jedes Brimborium hat sich für ihn schon jetzt gelohnt.

Mehr Informationen Jan Lindner: "Romeo und Julia: Reanimiert"
ISBN: 9783949615979

Marsha Richarz: "Nö"
ISBN: 9783949615924

Sven Hensel: "Lyrik ist nice und macht Spaß"
ISBN: 9783949615009

Die drei Publikationen erscheinen am 6. Dezember 2021 im Brimborium Verlag Leipzig.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 07. Dezember 2021 | 13:10 Uhr

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